Kunstprojekt der Kinder- & Jugendpsychiatrie Böblingen

…damals vor dem Lockdown konnte Anfang Oktober 2020 im Rahmen der Kooperation der KJP-BB mit dem Kunstmuseum Stuttgart ein weiterer Museumsbesuch der Jugendstation erfolgen. Das Thema der Ausstellung war „Wände - Walls“. Es wurde u. a. die Wahrnehmung geschärft, dass durch Wände in unserer westlichen Kultur Raum entsteht und gleichzeitig eine Abgrenzung erfolgt. Metaphern von menschlichen Gefühlen über bspw. Einschnitte in Wänden und Denkblockaden wie „mit dem Kopf durch die Wand“ wurden über Bilder, Plastiken, Installationen und Performances in der Ausstellung erfahrbar.

Eingeschränkt durch die Hygienemaßnahmen fand der Workshop dieses Mal als individuelle Skizze der Darstellung einer eigenen Wand statt. Den Abschluss des Ausflugs bildete die Rundschau von Fotos „Graffitti im Kessel“, die die Stuttgarter Graffitti-Szene vom Beginn in den 1980er Jahren bis heute zeigte. Im Hinblick auf die eigenen Stationswände konnten sich die Patient*innen davon inspirieren lassen, um dann mit Wandfarbe selbst tätig zu werden und den Lebensraum während ihres stationären Aufenthalts mit zu gestalten.

Manche entwickelten aus den Graffitti-Inspirationen einen eigenen Schriftzug. Andere wählten neue Vorlagen oder malten eigene Motive an die Wand. Die Grenzen der Geduld, des eigenen Anspruchs oder die Angst zu versagen, überwanden letztlich alle – und die Ergebnisse sind überwältigend!

Der für Ende Oktober 2020 geplante Ausflug in die gleiche Ausstellung mit der Kinderstation konnte wegen der zunehmenden Einschränkungen durch die Corona-Schutzmaßnahmen leider nicht mehr stattfinden. Dennoch wurde die Erlaubnis der Betriebsdirektion, direkt auf die Wände malen zu dürfen, genutzt, um auch diesen Lebensraum ansprechender werden zu lassen.

Beim Aussteigen aus dem Aufzug wurden auf beiden Stationen die Eingangsbereiche kenntlich gemacht. Dann lachte ein freundlicher Donald beim Betreten der Kinderstation entgegen, und im Spielzimmer begannen „Nala und Simba“ aus Disneys König der Löwen zu balgen. Andere kombinierten Songtexte mit Handlettering oder integrierten in einem selbst kreierten Instagrammotiv die digitale Lebenswelt mit Kniffen wie #ZfP#händewaschenessenkommen.

Alle Bilder sind von den Patient*innen selbst entworfen und gemalt worden. Einzige Vorgabe der organisierenden Kunsttherapeutin war, dass der Bildinhalt aufgrund der monumentalen Größe eindeutig positiv sein musste. Beim Prozess der Begleitung war es sehr beeindruckend, wie motiviert und differenziert sich die Patient*innen auf Diskussionen und ästhetische Auseinandersetzungen für die Entwicklung und Realisierung ihrer Ideen einlassen konnten. Der größte Erfolg waren die spontanen Ausrufe eines „Wow, ist das schön geworden“ sowohl von vorbeilaufenden Mitarbeiter*innen als auch Mitpatient*innen. Der blinkende Stolz in den Augen der Maler*innen war mehr als berechtigt!

Ein herzlicher Dank geht an alle Schaffenden, die ihr Können und ihre Geduld für die Gestaltung der Stationen von Oktober bis jetzt eingebracht haben.

A. Hüll (Dipl.-Kunsttherapeutin/ FH)